COVInsAG- Ein Überblick zur Insolvenzantragspflicht und ihrer Aussetzung

Wird der Gesetzgeber hektisch – fast immer ein schlechtes Zeichen – wird es meist unübersichtlich. Zu den unübersichtlichen Regelungen kommen dann noch sperrige Namen. Speziell für das Insolvenzrecht lauten diese Gesetze abgekürzt:

StaRUG/ SanInsFoG und COVInsAG

In diesem Blogbeitrag soll ein Überblick über die Regelungen des COVIinsAG verschafft werden.

An dieser Stelle wird nicht auf alle Einzelprobleme, von denen es viele gibt, eingegangen. Gerade bei den Schnittstellen zu anderen Rechtsgebieten, man denke an die Insolvenzverschleppung, wird es Jahre dauern, bis es eine gesicherte höchstrichterliche Rechtsprechung gibt.
1.
Ziel des COVInsAG war und ist es, Unternehmen Zeit zu verschaffen, die durch die Pandemie insolvenzantragspflichtig geworden sind.
Die Geschäftsleiter sollten teilweise vor persönlicher Haftung geschützt werden, Lieferanten vor zukünftigen Anfechtungen. Die Einschränkung der insolvenzrechtlichen Anfechtung soll die Kreditvergabe und den Wirtschaftsverkehr schützen.
2.
Um dieses Ziel zu erreichen hat man die Antragsverpflichtungen der Insolvenzordnung zeitweilig entschärft. Nach jetzigem Stand endet diese Privilegierung jedenfalls mit dem 30.04.2021. Die Voraussetzungen der Aussetzung sind in § 1 des Gesetzes geregelt. Falsch wäre es anzunehmen, dass kein insolventes Unternehmen mehr durch die Geschäftsleiter einen Antrag stellen muss. Die Politik hat öffentlichkeitswirksam kundgetan, dass die Politik alles tue, damit Unternehmen in der derzeitigen Krise nicht in die Insolvenz gehen müssen. Das Kleingedruckte, also die Voraussetzungen und Einschränkungen, sind selten in Talkshows mitgeteilt worden. Es ist absehbar, dass viele Geschäftsleiter in der Zukunft, etwa ab 2022 Schreiben der Staatsanwaltschaften wegen Insolvenzverschleppungen erhalten. Alle Unternehmen deren Insolvenzreife nicht auf die Pandemie zurückzuführen ist, sind nicht privilegiert. Zu Gunsten der Geschäftsleiter gilt die Vermutung, dass bei bestehender Zahlungsfähigkeit am 31.12.2019 die Pandemie ursächlich für die folgende Insolvenzreife ist. Diese Vermutung kann am ehesten entkräftet werden, wenn der Insolvenzverwalter nachweist, dass die Zahlungsunfähigkeit vor dem 31.12.2019 eintrat. Soweit also die Krise durch das Unternehmen überwunden wird, passiert in der Regel gar nichts, weil niemand die Zahlungsunfähigkeit der Vergangenheit nachprüft. Geht aber das Unternehmen nach dem 30.04.2021 in die Insolvenz, werden sich Insolvenzverwalter mit dem Zeitpunkt der Zahlungsunfähigkeit auseinandersetzen.
Für die Zeit vom 01.01.2021 bis 30.04.2021 ist die Antragspflicht dann ausgesetzt, wenn staatliche Hilfen hätten beantragt werden können oder beantragt worden sind und das Unternehmen zum Kreis der antragsberechtigten Unternehmen gehörte. Die Privilegierung greift wiederum nicht, wenn die Hilfeleistung offensichtlich nicht zur Überwindung der Insolvenzreife ausreicht oder offensichtlich kein Anspruch auf Hilfspakete besteht.
Die Regelung ist vor dem Desaster der schleppenden Hilfsauszahlungen zu sehen. Der Insolvenzverwalter oder später einmal der Staatsanwalt werden nachweisen müssen, dass dem Unternehmen die Hilfen nicht geholfen hätten um aus der Insolvenzreife zu kommen und das die Unternehmen nicht zum Kreis der Antragsberechtigten gehörten. Es ist jeder Geschäftsleiterin oder jedem Geschäftsleiter anzuraten zu dokumentieren warum er davon ausging hilfeberechtigt zu sein. Ebenso sollte nachweisbar sein, warum die zu erwartende Hilfe ausreichend gewesen wäre um die Insolvenzreife zu überwinden. Es sollten daher Kopien der Antragsunterlagen und auch des Schriftverkehrs mit den Verwaltungsbehörden zu den privaten Unterlagen genommen werden. Mit der Insolvenz enden oftmals zu Zugriffsmöglichkeiten auf Geschäftsunterlagen sehr plötzlich. Wie immer sollte auch die Liquidität nachweisbar überprüft werden und auch diese Listen zumindest in Kopie zu den privaten Unterlagen – nicht im Unternehmen – genommen werden.
3.
Die Regelung in § 4 des Gesetzes befasst sich mit dem Insolvenzgrund der Überschuldung, der für das Jahr 2021 zu Gunsten der Unternehmen – allerdings nicht für alle – entschärft worden ist. Die Fortführung muss nicht für 12 Monate, sondern nur für vier Monate überwiegend wahrscheinlich sein, wenn die Überschuldung auf die Pandemie zurückzuführen ist.
4.
Neben der Modifizierung der Insolvenzgründe und der Aussetzung der Antragspflicht in verschiedenen Konstellationen, sind in § 2 Regelungen getroffen worden, die eine Anfechtung erschweren, teilweise ausschließen, die Kreditgewährung ermöglichen und nicht zuletzt die Haftung der Geschäftsleiter massiv einschränken, wenn die Voraussetzungen von § 1 vorliegen. Die im ordnungsgemäßen Geschäftsgang getätigten Geschäftsvorfälle führen trotz Insolvenzreife nicht zu einer Haftung nach § 64 GmbHG. Für die Zeit bis zum 31.12.2020 ist damit Klarheit geschaffen. Allerdings ist § 64 GmbHG weggefallen und modifiziert in § 15 b InsO ab dem 01.01.2021 aufgenommen. Diese Vorschrift ist bei Fassung des Gesetzes noch gar nicht bekannt gewesen, konnte daher auch nicht in den Gesetzestext. Es bleibt zu hoffen, dass die Rechtsprechung die Regelung in § 2 I Nr. 1 COVInsAG auch auf § 15 b InsO anwenden wird, soweit es um Geschäftsvorfälle ab dem 01.01.2021 bis zum 30.04.2021 geht.
Tipp: Im Zweifelsfall sollten Sie sich zur Überprüfung Expertenrat einholen.